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Hedging in der Fachkommunikation - Implikationen für den Fremdsprachenunterricht -

 

1. Hedging, Fachkommunikation und Fremdsprachenunterricht

"Rather than being factual and impersonal, effective academic writing actually depends on interactional elements which supplement propositional information in the text and alert readers to the writer's opinion. Significant among this interactive element are hedges." (Hyland 1994:240)

"In spite of the widespread use of hedges in academic writing, this phenomenon is largely ignored in pedagogical materials geared to non-native speakers of English." (Salager-Meyer 1995:137)

Ausgangspunkt: Wissenschaft ist nicht nur Inhalt, d.h. Wissenschaftsdiskurse vermitteln nicht nur objekt- und sachverhaltsbezogene "Informationen", sondern sie wollen darüber hinaus immer auch Wirkung erzielen, d.h. ein Publikum ansprechen und überzeugen. Wissenschaftlicher Diskurs erschöpft sich nicht in der Komponente des Pragma, vielmehr soll neben dem "Eingehen auf die Sache" auch die "Verläßlichkeit" des Senders (Ethos) unterstrichen und der Empfänger emotional disponiert werden (Pathos). In diesem Zusammenhang spielt auch die Verwendung von 'hedges'/'Hecken' eine wichtige Rolle, die es uns ermöglichen, etwas zu sagen und gleichzeitig zu kommentieren, was wir sagen (vgl. Salager-Meyer 1995:141). In einem Modell zeigt von Hahn, daß neben dem propositionalen Gehalt von Sätzen in Fachtexten auch metatextuelle Stellen und die Kategorie Modalität eine wichtige inhaltsrelevante Rolle spielen.

Die sprachliche 'Hecke' kann metaphorisch mit der grünen Hecke verbunden werden, da sich bestimmte Funktionen in beiden Verwendungen wiederfinden: "Schutz, Umhegen, Einhegen, Abgrenzung, Distanz" (Clemen 1996)

Beispiel eines "gehedgten" Fachtextes: (Although the steps in the creation of oil are still very poorly known,) the following (1) simplified theory is (2) rather (3) widely held and is supported by enough facts to be (4) at least (5) somewhat (6) near the truth. (Beispiel aus Darian 1995)

Funktionen von Hedging: Die kursiv hervorgehobenen Stellen in diesem Textbeispiel stehen im Gegensatz zu wichtigen Grundannahmen der Fachsprachenforschung, wonach Fachsprache nämlich u.a. als exakt, präzise, ökonomisch und eindeutig angesehen wird sowie Klarheit des Ausdrucks und Vermeidung von Redundanz für den Fachtext kennzeichnend seien. Dennoch sind Hedges gerade für den wissenschaftlichen Diskurs durchaus funktional: Sie drücken einerseits das moderne Wissenschaftsverständnis aus (Skeptizismus, Unsicherheit, Chaos, Vagheit etc.) und reflektieren andererseits die konkrete Einstellung eines Forschers zum Aussagewert seines Wissens. Darüber hinaus spielen Hedges in der Interaktion zwischen den Beteiligten im Wissenschaftsbetrieb eine große Rolle: "A totally unhedged style would not be considered seriously by journal editors." (Salager-Meyer 1995:131)

Relevanz für den Fremdsprachenunterricht: Für den (fachbezogenen) Fremdsprachenunterricht, insbesondere für Fachsprachenkurse im Bereich der Einzelwissenschaften, ist die Einbeziehung der Hedging-Problematik aus zwei Gründen von Bedeutung: 1. In der Fremdsprache neigen Leser häufig dazu, "gehedgte" (provisorische oder hypothetische) Stellen im Text so zu interpretieren, als ob es sich um überprüfte Fakten handele; die Intention des Autors wird dabei meistens nicht verstanden (z.B.: a somewhat interesting finding). 2. In der fremdsprachlichen Textproduktion schreiben sogar Lernende mit guten Grammatik- und Wortschatzkenntnissen oft "ungehedgt", da sie die Strategien und Mittel nicht ausreichend kennen und sich meist auch gar nicht bewußt sind, daß sie offen für Angriffe und Kritik werden bzw. "as intellectually dishonest" angesehen werden können (Salager-Meyer 1995: 137-138). Salager-Meyer (1995:142) sieht die Beherrschung der Hedgingmittel als wesentlich für akademischen Erfolg und für die Mitgliedschaft in "a professional discourse community".