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Tabus in interkulturellen Kontaktsituationen

" If we understand others' languages, but not their cultures,
we make fluent fools of ourselves."

W.B. Gudykunst

 

ür interkulturelle Kontaktsituationen werden mehrere Probleme ersichtlich. Erstens sind Tabus kulturspezifisch und nicht kodifiziert, so daß sie dem Fremden meist nicht bewußt werden. Zweitens werden Tabuverletzungen von dem Fremden oft gar nicht wahrgenommen, so daß Scham- und Schuldgefühle nicht auftreten. Drittens sind für Tabubrüche - anders als bei der Verletzung eines direkten Verbots - keine konventionalisierten Reparaturmechanismen verfügbar, so daß Abbruch der Kommunikation die Folge sein kann.

 Tabus in interkulturellen Kontaktsituationen betreffen nicht nur die tabuträchtigen Bereiche Religion, Sexualität, Tod, Krankheit und Körperfunktionen, sondern können in vielen anderen Lebensbereichen festgestellt werden, wie z.B. bei Eß- und Tischgewohnheiten, für relativ selbstverständlich erscheinende Alltagssituationen sowie bei Zahlen, Farben und Tieren. Tabus betreffen auch nicht nur den Sprachgebrauch, sondern können ebenfalls im Bereich der nonverbalen Kommunikation eine wichtige Rolle spielen, wie z.B. Tabugesten zeigen.

 Das Problem für den Fremdsprachenlerner ist aber, daß er meistens gar nicht wissen kann, was man nicht machen soll, worüber man nicht reden soll bzw. nur in einer besonderen Weise sprechen darf. Da Tabuformulierungen und -begründungen selbst tabuisiert sind, erfährt er eigentlich nur durch die Verletzung eines Tabus und die Folgen darauf von seinem 'Fehlverhalten'.

 Aufgabe eines interkulturell orientierten Fremdsprachenunterrichts sollte es daher sein: a) den Lerner für mögliche Tabuphänomene zu sensibilisieren und ihn in die Lage zu versetzen, Tabus in der anderen Kultur zu erkennen und Kommunikationsbarrieren auszuloten; b) die Toleranzfähigkeit des Lerners hinsichtlich der Tabus in der Fremdkultur zu entwickeln und ihn zu befähigen, sich (sprachlich und nonverbal) adäquat zu verhalten; c) dem Lerner ein ausreichendes Repertoire von Euphemismen und anderen Ersatzmitteln für Tabudiskurse zu vermitteln, die es ihm ermöglichen, sich über tabuisierte Handlungen, Objekte, Sachverhalte und Wörter verständigen zu können; d) dem Lerner solche (metakommunikativen) 'Reparaturstrategien' zu vermitteln, die im Falle unbeabsichtigter Tabuverletzungen den Abbruch der Kommunikation verhindern können.

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