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Der "Neue Mensch"

Erziehung, Züchtung, Fabrikation.

Biopolitische Projekte in Russland und der Sowjetunion.

6 ECTS
Vorlesung: MA, KGMOE Grundlagenmodul // MEK Mittel- und Osteuropa als kultureller Raum // MICS Culture, History and Societies in Central and Eastern Europe
Dienstag, 11.15 - 12.45 Uhr, Ort: GD 05, Veranstaltungsbeginn: 08.04.2014

 Die Erfolge der Humangenetik haben in jüngster Zeit die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen einer Verwandlung der menschlichen Natur und der Erschaffung eines künstlich optimierten, ja perfekten Menschen wieder in die öffentliche Diskussion gebracht. Dabei zeigt ein Blick in die Geschichte, dass das Projekt des Neuen Menschen eine lange Tradition hat. Nirgendwo wurde es freilich mit solcher Radikalität konzipiert – und zeitweise auch zum Ziel staatlicher Politik erhoben – wie in Russland bzw. der Sowjetunion, wo sich im 19. und frühen 20. Jahrhundert schier grenzenlose Wissenschaftsgläubigkeit mit totalitärem Gestaltungswillen verband. In der Vorlesung werden sowohl die Entwürfe des Neuen Menschen (z.B. als Erbauer des Kommunismus, Eroberer des Weltraums, Vollender der Schöpfung) als auch die Verfahren zu seiner ‚Herstellung’ (Konditionierung, Psychophysik, Eugenik, Anthropotechnik, Anthropourgie u.a.) vorgestellt und – auch mit Bezug auf die gegenwärtige Diskussion – kritisch bewertet.

Literatur: Boris Groys, Michael Hagemeister (Hg.): Die Neue Menschheit. Biopolitische Utopien in Russland zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Frankfurt a.M. 2005; Thomas Tetzner: Der kollektive Gott. Zur Ideengeschichte des ‚Neuen Menschen‘ in Russland, Göttingen 2013; Nikolai Krementsov: Revolutionary Experiments. The Quest for Immortality in Bolshevik Science and Fiction, Oxford 2013.
Leistungsnachweis: Klausur