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Deutscher Osten und polnische Kresy

Zwei Mythen im Vergleich

 

3/6/9 ECTS
Seminar: MA: Kulturgeschichte / Wissen-Kommunikation-Gesellschaft // MEK: Wahlmodul (Mittel- und Osteuropa als kultureller Raum) / KGMOE: Wahlpflichtmodul (Räume-Grenzen-Metropolen) / MICS: Wahlmodul (Culture, History and Societies in Central and Eastern Europe)
Donnerstag, 9:15 AM - 10:45 AM Uhr
GD 06
Veranstaltungsbeginn: 10/16/2008

Als Folge des Zweiten Weltkrieges verloren sowohl Deutschland als auch Polen große Teile ihrer früheren östlichen Territorien. Bedeutende Teile der Bevölkerung dieser Gebiete mussten die angestammte Heimat verlassen und sich westlich davon ein neues Leben aufbauen. In Polen und der DDR waren Bezüge zu den verlorenen Ostgebieten im öffentlichen Diskurs aus politischen Gründen nicht erwünscht und wurden unterdrückt, während sich in Westdeutschland ein umfangreiches kulturelles und politisches Leben der Betroffenen entwickelte. Seit den 1990er Jahren sind die Ostgebiete (kresy) im öffentlichen Leben Polens unübersehbar. Zahllose Bildbände und Ausstellungen wurden ihnen gewidmet, gleichzeitig boomen Restaurants mit ostpolnischer Küche. In Deutschland scheint dieser Bezug zu den verlorenen Ostgebieten heute nicht mehr so stark zu sein wie in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg in der BRD. Trotzdem ist „Deutscher Osten“ weiterhin ein fester Begriff, der mit deutscher „Ostkolonisation“ aber auch „Vertreibung“ assoziiert wird.

Im Seminar soll untersucht werden, wie sich der Blick der Deutschen sowie der Polen auf ihre östlichen, heute jenseits der Grenzen befindlichen Landesteile, im Laufe der Zeit gewandelt hat: So wurden sie einerseits als Grenzland, Region mit gemischtsprachiger Bevölkerung und als unterentwickelte Gebiete wahrgenommen, andererseits aber auch die Kulturleistungen der dort ansässigen Deutschen bzw. Polen besonders hervorgehoben. Nicht erst seit 1945 entwickelten sich um beide Regionen Mythen, deren Entschlüsselung und vergleichende Analyse eine Kernaufgabe des Seminars sein wird.

Literatur: Werner Benecke: Die Ostgebiete der Zweiten Polnischen Republik. Staatsmacht und öffentliche Ordnung in einer Minderheitenregion 1918-1939, Köln, Weimar, Wien 1999. Traumland Osten. Deutsche Bilder vom östlichen Europa im 20. Jahrhundert, hrsg. von Gregor Thum, Göttingen 2006. Wolfgang Wippermann: Die Deutschen und der Osten. Feindbild und Traumland, Darmstadt 2007.

Teilnahmevoraussetzungen: Grundlegende Kenntnisse der deutschen und polnischen Geschichte. Polnische Sprachkenntnisse sind wünschenswert.

Hinweise zur Veranstaltung: Den Studenten wird die Möglichkeit zur Vorbereitung von Exkursionen geboten.

Leistungsnachweis: Kurzessays, Referat und Hausarbeit