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Tschechen und Deutsche. Schlaglichter einer Nachbarschaft

3/6/9 ECTS
Seminar: MA, MEK: Wahlmodul Mittel- und Osteuropa als kultureller Raum // MICS: Wahlmodul Culture, History and Societies in Central and Eastern Europe // KGMOE: Kernmodul Menschen – Artefakte – Visionen // MASS: Wahlmodul 3/4 “Migration, Ethnicity, Ethnocentrism”
Donnerstag,  9:15 - 10:45 Uhr, Ort: GD 06, Veranstaltungsbeginn: 08.04.2010

2009 hielt der tschechische Präsident Václav Klaus die EU mit seiner Drohung in Atem, den Lissaboner Vertrag platzen zu lassen, sollte nicht eine Klausel verhindern, dass vertriebene Deutsche unter Berufung auf die europäische Grundrechtecharta Regressansprüche gegen den tschechischen Staat erheben können. Dieser Forderung wurde nachgegeben, die Diskussion im Umfeld zeigt jedoch, auf welche historischen Ereignisse sich der Blick von Deutschen und Tschechen gemeinhin reduziert, nämlich auf die Auflösung der Tschechoslowakei 1938/39 und die Vertreibung der Deutschen nach 1945. Dieser verengte Blickwinkel ist leider typisch für die heutige Sicht auf eine Nachbarschaft, die seit dem Mittelalter bestand und meistens mehr Kooperation als Konflikt mit sich brachte.
Im Seminar wird die deutsch-tschechische Beziehungsgeschichte anhand verschiedener Schlüsselereignisse analysiert. Beleuchtet werden die deutschsprachige Besiedlung seit dem 12. Jahrhundert und die Gründung der deutschen Universität in Prag 1348. Thema ist die Schlacht am Weißen Berg 1620, in der kaiserliche Truppen einen Sieg über die keinesfalls nach Nationen unterteilten böhmischen Regimenter davon trugen. Von zentraler Bedeutung ist das Jahr 1848, als tschechisch-deutsche Gegensätze verstärkt aufbrachen, die Wien jedoch nicht mit der Gewährung von Autonomie beantwortete. Die Gründung eines Staates der Tschechen und Slowaken 1918 erfolgte zwar gegen deutschen Widerstand, trotzdem waren böhmisch-deutsche Parteien bis 1938 an der Regierung beteiligt. Erst deutsche Besatzung und Vertreibung der Deutschen setzten dieser Nachbarschaft ein Ende.
Literatur: Begegnung und Konflikt. Schlaglichter auf das Verhältnis von Tschechen, Slowaken und Deutschen, 1815-1989, hrsg. von Jörg K. Hoensch und Hans Lemberg, Essen 2001; Jörg K. Hoensch: Geschichte Böhmens. Von der slavischen Landnahme bis zur Gegenwart, München ³1997.
Leistungsnachweis: Referat, Essays, Hausarbeit