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Wintersemester 1999/00

 

Chołuj: Lebende Geschichte Polens

In der Vorlesung behandeln wir jene historischen Ereignisse, auf die man sich in der heutigen Zeit immer wieder gern beruft, sei es als Symbol, sei es als etwas, was nicht wiederholt werden darf, sei es als Anknüpfungspunkt für zu fällende Entscheidungen. Eine besondere Rolle werden daher solche Themen wie: der polnische Widerstand, die polnische Reformbewegung (u.a. 3. Mai-Verfassung von 1791), die Bedeutung der katholischen Kirche, die nationalen Minderheiten, die Auseinandersetzung mit dem Judentum, die sozialistische Bewegung seit Ende des vorigen Jahrhunderts etc. spielen.

 

Chołuj: Stanisław Przybyszewski als bikulturelles Phänomen

Stanisław Przybyszewski war zur Jahrhundertwende ein bekannter Schriftstellername; in Deutschland wurde er "der geniale Pole" genannt. Damals wußte man nichts von Richard Dehmels Hilfe beim Zustandekommen seiner Werke in deutscher Sprache. War Przybyszewski nur eine Modeerscheinung? Jemand, der ethische Tabus existentiell und theoretisch durch seine Körperphilosophie überschritten hat, oder ein narzisstischer Schriftseller, der vor allem sich selbst zum Thema seiner Literatur erhob? Da seine Werke kulturelle Tendenzen der Zeit sehr deutlich widerspiegeln, werden wir sie darauf untersuchen, inwieweit sie Gelenkstücke zwischen der polnischen und deutschen Kultur bilden. Przybyszewski war kein polnischer Schriftsteller, deswegen reicht eine inhaltliche Textanalyse nicht. Wir müssen zuerst den deutschen und polnischen literarischen und kulturellen Hintergrund seiner Epoche kennenlernen, um dann die Thematik, Form und Sprache seiner Prosa analysieren zu können.

 

Räther: Europabilder und Europapolitik: Mitteleuropäische Staaten im Vergleich

Die Geschichte der europäischen Integration kann, bei allen unbestreitbaren Erfolgen, auch als eine Geschichte von Krisen und interkulturellen Mißverständnissen gelesen werden. Nichts deutet darauf hin, daß dies im Zusammenhang mit der sog. Osterweiterung der EU anders wird. Zu fragen ist daher, welche Bilder, Vor- und Einstellungen sowie Erwartungen bei den Bevölkerungen und Eliten mitteleuropäischer Staaten von "Europa" und der Europäischen Union vorherrschen und aus welchen Quellen sich die Europa-Diskurse in diesen Ländern speisen. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten lassen sich zu den westeuropäischen Ländern erkennen und welche Konfliktpotentiale gibt es? Schließlich die Frage, inwieweit Deutschland in diesem Zusammenhang einer Brücken- und Vermittlerfunktion, von der in der politischen Rhetorik so häufig die Rede ist, wirklich gerecht werden kann.