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Wintersemester 2001/02

 

Chołuj: Neue Ansätze im Umgang mit polnischer Nachkriegsgeschichte

Weiße Flecken in der Geschichte werden verschwiegene, tabuisierte Ereignisse genannt, die das aktuelle Image eines Staates zu stören oder ihn politisch zu gefährden scheinen. Sowjetischer Mord an polnischen Offizieren, Deutsche als Opfer, Polen als Täter, Vertriebene, Polnischer Sicherheitsdienst sind Themen, die sowohl Historiker als auch Politiker in Polen lange Zeit umgangen haben. Verschwiegenes, Ausgegrenztes verschwindet jedoch nicht. Es entwickelt seine subversive Kraft solange, bis das bisherige Geschichtsbild erschüttert wird. Im Seminar beschäftigen wir uns mit einigen Erschütterungen dieser Art durch Texte, mit den Schriftstellern, Journalisten und Historikern, die dieses Schweigen gebrochen haben. Wir werden untersuchen, inwieweit sie neue Ansätze im Umgang mit der polnischen Nachkriegsgeschichte bilden, und verfolgen, was mit dem Aufgedeckten in den öffentlichen Debatten geschieht. Im Mittelpunkt stehen drei große Themenbereiche: die Debatte um Jedwabne, den Umgang mit Deutschen nach 1945 und die Debatte um die Denunziation. Anschließend werden wir uns dem Thema der Verriebenen zuwenden, soweit es die Zeit zuläßt.

 

Chołuj/Räther: Versöhnung - und was dann? Möglichkeiten und Grenzen des Kulturdialogs in den deutsch-polnischen Beziehungen

Entgegen aller offiziellen Rhetorik von guter Nachbarschaft, Schicksalsgemeinschaft oder gar Freundschaft ist das Verhältnis zwischen Deutschen und Polen weithin gekennzeichnet von gegenseitigen Ängsten, negativen Stereotypen und - besonders deutscherseits - einer Art aggressivem Desinteresse am östlichen Nachbarn. Lange schon wird versucht, durch die Inszenierung von kulturellen Dialogen Entfremdung zu überwinden und ein positives Klima der Offenheit zu schaffen. Inwieweit aber ist es überhaupt möglich, Vorstellungen und Bilder vom Anderen bewußt und methodisch zu verändern? Im Seminar wollen wir die verschiedenen kulturellen und kulturpolitischen Initiativen der vergangenen Jahrzehnte analysieren, im Hinblick auf ihren Ansatz, ihre Zielgruppen und ihre intendierten und tatsächlich erreichten Effekte. Zu betrachten wären z. B. die Arbeit der Kulturinstitute und Begegnungsstätten, die Programme der in diesem Bereich tätigen Stiftungen und die gegenseitige mediale Präsenz beider Länder, besonders in den Bereichen Film und Literatur. Ebenfalls von Interesse können die kirchlichen Aktivitäten sein und warum nicht auch das Projekt Europa-Universität Viadrina.