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Wintersemester 2003/04

 

Chołuj: Mitteleuropa. Konzeptionelle Projekte und politische Ziele

Der Begriff "Mitteleuropa" hat in Deutschland einen ambivalenten Klang, vor allem deswegen, weil das Mitteleuropakonzept von Friedrich Naumann lange Zeit als ein imperialistisches Projekt interpretiert wurde. In Österreich hingegen denkt man bei Mitteleuropa eher an die sogenannten "goldenen" k.u.k.-Zeiten, wo viele Völker eine gewisse Zeit friedlich zusammen lebten. Durch die Teilung Europas in Ost und West nach dem II. Weltkrieg verschwand Mitteleuropa von der mentalen Landkarte, bis es in den 80er Jahren als Signalwort innerhalb der antikommunistischen Opposition zu funktionieren begann. In meiner Vorlesung analysiere ich diese und andere Mitteleuropa-Begriffe und Konzepte, um schließlich einen Ausblick auf die zeitgenössische Verwendbarkeit dieses Begriffes vorzunehmen.

Literatur: F. Naumann: Mitteleuropa (1915).; R.N. Graf v. Coudehouve-Kalgeri: Paneuropa (1923); M. Kundera: Die Tragödie Mitteleuropa (1984); G. Konrad: Mein Traum von Europa (1985); H. Samsonowicz u. P. Burke (Hg.): East-Central Europe in Transition (1985); T.G. Ash: Mitteleuropa (1990); Czesław Miłosz: Rodzinna Europa (1992); K. Schlögel: Europa liegt ostwärts (2001).

 

Chołuj: Zwangsvorstellungen in literarischen Bildern bei Franz Kafka und Bruno Schulz

 

Bruno Schulz wurde lange Zeit als der polnische Kafka bezeichnet. Die Begründung für diese Parallele fand man in der jüdischen Herkunft beider Schriftsteller und vor allem in ihrer Art, aus dem Trauma heraus zu schreiben. Im Seminar werden wir sowohl auf die Rolle ihrer Herkunft eingehen als auch und vor allem auf die Rolle von Traume und Zwangsvorstellungen für die literarischen Bilder in iher Prosa.

Literatur: Bruno Schulz: Die Zimtläden und alle andere Erzählungen; dtv 2000; Die Wirklichkeit ist Schatten des Wortes. Aufsätze und Briefe, dtv 2000; Franz Kafka: Die Erzählungen. Fischer Taschenbuch Verlag 1999.

 

Räther: Auswärtige Kulturpolitik. Propaganda, Dialog, Konfliktprävention

"Mit Politik kann man keine Kultur machen, aber vielleicht kann man mit Kultur Politik machen" (Theodor Heuss). Gemäß dieser Maxime versuchen moderne Staaten, mehr oder weniger intensiv, ihrer Außenpolitik eine kulturelle Dimension zu geben, um im Sinne der jeweiligen außenpolitischen Interessen zu wirken. Dies kann direkt und konfrontativ geschehen, etwa durch die propagandistische Erhöhung der eigenen Kultur über die fremde, aber auch dialogisch und ausgleichend, um sich als wertvolles und friedliebendes Mitglied der Staatengemeinschaft zu präsentieren. Nach neueren konzeptionellen Überlegungen soll auswärtige Kulturpolitik sogar dazu diesen, netzwerkartige "Lerngemeinschaften" entstehen zu lassen, um in einer globalisierten Welt durch interkulturelle Verständigung militärischen Konflikten vorzubeugen. Im Seminar werden wir, ausgehend vom Beispiel der Bundesrepublik Deutschland, Bestimmungsfaktoren, Instrumente und Akteure der auswärtigen Kulturpolitik verschiedener Länder und Epochen analysieren und vergleichen. Abschließend werden wir uns der Frage nach dem Verhätnis von nationaler auswärtiger Kulturpolitik und der sich vertiefenden europäischen Integration widmen.