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Nora Rigamonti: "Das Wesen der Weiblichkeit: Nur eine Dependenz der Eierstöcke oder ein hybrider Cyborg? Eine kritische Überlegung zur (Dis-)Kontinuität diskursiver Konstruktionen von Weiblichkeit"

Eine klassische grundlagentheoretische Frage naturwissenschaftlicher Disziplinen wie der Biologie ist diejenige nach dem ›ursprünglichen‹ Ort der Essenz der ›Geschlechterdifferenz‹ zwischen Mann und Frau. Diese Frage hat eine lange Tradition und wurde in der Geschichte der Naturwissenschaften immer wieder verschieden beantwortet. Allen diesen Erklärungsansätzen gemeinsam war und ist, dass die in ihnen etablierten naturwissenschaftlichen ›Erkenntnisse‹ eine solche ›Geschlechterdifferenz‹ auf körperliche Substanzen zurückführ(t)en, folglich als Natur-Phänomen (re-)produzieren und gleichzeitig außerhalb des kulturellen und politischen Bereichs lokalisier(t)en.

Solche traditionell biologistischen Konzeptionen von einem ›Wesen‹ der Weiblichkeit innerhalb der hegemonialen patriarchalen Kulturgeschichte haben jedoch auch immer wieder Gegendiskurse hervorgerufen: (Post-)Feministische, postgender und postsexuelle Forschungsprogramme haben kritische Gegenkonzepte, Identitätspraktiken und -projekte von Weiblichkeit und weiblichen Körpern entwickelt, die eine Dekonstruktion sowie (Re-)Politisierung dieser Geschlechtergrenzen und -rollen zum Ziel haben.

Eine solche mögliche – wenn auch radikale und kontrovers diskutierte – Gegenposition vertritt die Biologin sowie Wissenschaftshistorikerin und -kritikerin Donna Haraway mit ihrem 1984 entwickelten Konzept der Cyborg.

Der Vortrag wird biologistisch argumentierende, historische sowie aktuelle (populär-)wissenschaftliche Diskurse über die Konstitution ›der‹ Weiblichkeit skizzieren und ihnen Haraways de-naturalisierende techno-feministische Perspektive gegenüberstellen. Im Rahmen dieser Gegenüberstellung werden u.a. folgende Aspekte analysiert: Inwiefern können mithilfe der Figur der Cyborg hegemoniale Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen subversiv gebrochen und Konstruktionen von Körpern irritiert werden? Und welches Potential ergibt sich daraus für ein neues Verständnis von Weiblichkeit und weiblichen Körpern, das möglicherweise in handlungsrelevantes Wissen sowie in gesellschaftliches Handeln selbst transformiert werden kann?

 

Nora Rigamonti studierte Kulturwissenschaften und Soziokulturelle Studien an der Europa-Universität Frankfurt (Oder). Nach einem Auslandsaufenthalt in Buenos Aires beschäftigte sie sich in ihrer Bachelorarbeit mit diskursiven Produktionen von Wissen in der (post)kolonialen Literatur. Momentan verfasst sie ihre Masterarbeit zum Thema "REASSEMBLING URBAN PROTEST".

Forschungsinteressen: Wissenssoziologie und Akteur-Netzwerk-Theorie, Stadtsoziologie (Soziale Bewegungen, Migration), Postkoloniale Studien und Gendertheorien. 

Text:

Das Wesen der Weiblichkeit: nur eine Dependenz der Eierstöcke oder ein hybrider Cyborg?