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Seminar von Andree Michaelis-König

DozentTypVeranstaltungZeitOrt
Andree Michaelis-König MA Autobiographisches Schreiben – Theorie und Praxis einer kulturellen Praxis der Moderne


MAL: Vergl. Literturgeschichte, Zentralmodul // MEK/MASS: Wissenskulturen - Wissenschaften, Religionen, Künste // KGMOE: Menschen-Artefakte-Visionen // MASS: Kulturelle Praktiken, Wissensordnungen, ästhetische Formationen

Veranstaltung in Kooperation mit dem Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin

Mo., 11-13 Uhr

Beginn: 02.11.2020

online

Die autobiographische Praxis, wie wir sie heute kennen, ist ein Phänomen der Moderne. Ende des 18. Jahrhunderts entstanden die kanonischen Referenztexte, auf die wir zurückgreifen, wenn es darum geht, die Autobiographie als Gattung zu bestimmen. Dazu zählen Rousseaus Confessions ebenso wie Goethes Dichtung und Wahrheit. Im Horizont von Aufklärung und Klassik um 1800 begannen daran anknüpfend auch solche Autor_innen, autobiographisch zu schreiben, die Teil einer Minderheit waren. Hiervon zeugen etwa die Lebensgeschichte Salomon Maimons, aber auch die nur als Briefe überlieferten Lebensreflexionen Rahel Levin Varnhagens. Ausgehend von diesem Moment hat sich die Autobiographie zu einer stark verbreiteten, zugleich aber literaturwissenschaftlich kaum eindeutig definierbaren Gattung entwickelt. Denn gerade der zwischen Fakt und Fiktion oszillierende Status des darin Erzählten wurde im Laufe einer sich zunehmend dem naturwissenschaftlichen Wahrheitsbegriff verpflichteten Geistesgeschichte zu einem eminenten theoretischen Problem, dessen wohl faszinierendstes Resultat die Etablierung eines neuen Genres, der sog. Autofiction, darstellte. Ausgehend von dieser Sonderstellung der Gattung und ihrer umstrittenen theoretischen Bestimmung (u.a. bei Paul de Man, Roland Barthes und Philippe Lejeune) wollen wir im Seminar eine Reihe prominenter Autobiographien diskutieren. Dabei soll gerade die kulturelle Praxis autobiographischen Schreibens von sog. ‚Minderheitenautor_innen‘ in den Fokus gerückt werden. Sie, die oft an den sozialen und kulturellen Rändern der Gesellschaft leben und schreiben, haben in der Autobiographie ein Format gesucht und gefunden, das eben diese Liminalität programmatisch zu entsprechen vermag.

Literatur: Michaela Holdenried: Autobiographie, Stuttgart: Reclam, 2000.
Günter Niggl (Hg.): Die Autobiographie. Zu Form und Geschichte einer literarischen Gattung, Darmstadt: WBG, 1989.
Gabriele Schabacher: Topik der Referenz. Theorie der Autobiographie, die Funktion 'Gattung' und Roland Barthes' Über mich selbst, Würzburg: Königshausen & Neumann, 2007.

Kontakt: Andree Michaelis-König

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