Banner Viadrina

Theory from the East

 
DozentTypVeranstaltungZeitOrt
 Annette Werber BA/MA Vorlesung Mo 11-13  

Die Übertragung poststrukturaler und postkolonialer Theorie auf das osteuropäische Feld war nicht immer eine wissenschaftliche Erfolgsgeschichte. Transfers von der „dritten“ auf die „zweite“ Welt führten oft zu fehlerhaften Beschreibungen und Mißverständnissen. Selbst eine modifizierte postkoloniale Theorie ist nicht immer geeignet, um die (post)imperiale Geschichte dieser europäischen Region adäquat zu erfassen.

Es wird in der Vorlesung nicht allein um die „Anerkennung“ von osteuropäischen AutorInnen (s.u.) gehen, sondern um die Herausarbeitung von Besonderheiten wissenschaftlicher Institutionen, historischer Erfahrungen und kultureller Konzepte. Begriffe wie „Nachbarschaft“, „Heterogenität“, „Kleine Literaturen“, „Ethnoliteratur“, „Ungleichzeitigkeiten“, „multilingual condition“ werden als heuristische Hilfen eingesetzt, um diese Theoriereserven zu heben.

Die Vorlesung vermittelt auch einen kleinen Überblick über bekannte osteuropäische TheoretikerInnen: VertreterInnen des Polnischen und Russischen Formalismus und des Prager Strukturalismus sowie prominente Figuren wie Aleksandr Veselovskij, Vladimir Propp, Ludwik Fleck, Ol’ga Frejdenberg, Georg Lukács, Jurij Lotman, Michail Bachtin oder Roman Ingarden. Auch in der Rechtsgeschichte haben mittel- und osteuropäische Juristen wichtige Beiträge für das internationale Recht geschaffen, die auf den kulturellen Erfahrungen in Ostmitteleuropa beruhen (Lemkin, Ehrlich).

Leitend für die Vorlesung ist die Frage, welche ostmitteleuropäische Erfahrungen und ihre Konzeptualisierungen besonders wichtig sind und wie sie stärker in unsere Wissensordnungen eingebracht werden können.

In der Vorlesung werden wir gemeinsam Texten lesen, zudem werden auswärtige Gäste vortragen. Die Vorlesung eignet sich auch für Studierende der Viadrina ohne Osteuropa- oder Fachsprachenkenntnisse, die osteuropäische Theorie nicht gleich mit „Regionalität“ gleichsetzen.

Literatur:

Boris Buden, “Translation and the East. There is no such thing as an ‘Eastern European Study of Culture’,” in: Doris Bachmann-Medick (Hg.), The Trans/National Study of Culture, Berlin/Boston 2012, S. 171-180.

Galin Tihanov, Why Did Modern Literary Theory Originate in Central and Eastern Europe? (And Why Is It Now Dead?), in: Common Knowledge (10/ 1) 2004, S. 61-81.

Teilnahmevoraussetzungen: BA: Obligatorische Einführung in die Kulturwissenschaften sollte mindestens absolviert sein.

Hinweise zur Veranstaltung: Für Studierende mit intensivem Interesse an allgemeiner Kultur-, Literatur- und Praxistheorie. Ein kürzerer Text pro Sitzung wird parallel zur Vorlesung gelesen. Die Klausur findet (nach Absprache) erst eine Woche nach Vorlesungsende statt, damit sie nicht mit den Sprachklausuren kollidiert.

Leistungsnachweis: Essay, Hausarbeit oder Klausur