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"Spekulation in gesellschaftstheoretischer Perspektive"

In soziologischen Entwürfen mit gesellschaftstheoretischem Anspruch, etwa in der Praxeologie Pierre Bourdieus, sind die Begriffe des Kapitals und der Investition seit langem etabliert. Es findet sich jedoch kein systematischer Versuch, die ökonomisch grundlegenden Begriffe des Fremdkapitals (schuldenfinanzierte Investition) und der Spekulation auf die soziologische Analyse der Investitionspraktiken in anderen Feldern zu übertragen. Das Forschungsprojekt versucht, diese Lücke am Beispiel des wissenschaftlichen und des politischen Feldes zu schließen: Inwieweit lässt sich z.B. bei der heutigen Forschungsförderung von Fremdkapital sprechen, lassen sich in der Wissenschaft spekulative von reproduktiven Investitionsstrategien abgrenzen? Kann man sinnvoll von einem spekulativen Einsatz politischen Kapitals sprechen? Welche Indikatoren könnten für diese Felder auf Spekulationsblasen hinweisen? Neben der soziologischen Kapital(sorten)theorie kann man für die Suche nach Strukturanalogien auch auf die Theorie der Kommunikationsmedien zurückgreifen, welche etwa gezeigt hat, dass sich die Makrophänomene von Inflation und Deflation nicht auf das Medium Geld beschränken.

Das Projekt soll die Kompetenz der Soziologie als komparative Sozialwissenschaft stärken, indem es für den gesellschaftsthereoretischen Vergleich von spekulativen Praktiken in sehr verschiedenen Feldern eine generalisierte, vom ökonomischen Vokabular abgelöste Terminologie entwirft. Erst in Kenntnis des gesellschaftsweiten Zusammenhangs ließe sich dann eine begründete soziologische Kritik der Spekulation formulieren, welche die Isolierbarkeit ihrer wünschbaren Funktionen von ihren perversen Folgen beurteilen kann.

Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.