Banner Viadrina

Daniel Felscher, MA

 Original ©privat

Publikationen

Postanschrift

Professur für Vergleichende Kultursoziologie
Kulturwissenschaftliche Fakultät
Europa-Universität Viadrina
Große Scharrnstr. 59
15230 Frankfurt (Oder)

Raum: HG 006
E-Mail: felscher@europa-uni.de
Telefon: 0335 - 5534 2930
Fax: 0335 - 5534 2926
Sprechzeiten: nach Vereinbarung

 

Dissertationsprojekt

»Stille. Reduktion und Intensivierung des Selbst und der Dinge durch Praktiken der Stille in der (Spät)Moderne«

Die Moderne und Spätmoderne sind durch ein Nebeneinander von Räumen und Formen der Stille, Praktiken des Stillseins und Schweigens und silent technologies gekennzeichnet. Stille wird dabei häufig als Sehnsuchtsort konstruiert. Sie dient überall dort als Kontrastbegriff, wo ein Überschuss an akustischen Reizen und Informationen zu erhöhtem Desinformations- und Lärmempfinden oder gar zu Erschöpfungs- und Überforderungssymptomen in Arbeit und Alltag führt. Diese Arbeit wird keine weitere normative Perspektive auf die spätmoderne Gesellschaft anbieten, sondern geht im engeren Sinne rekonstruktiv und systematisierend vor. Sie erforscht die Eigenschaften und Funktionen, die Praktiken der Stille in spätmodernen Gesellschaften innehaben. ›Praktiken der Stille‹ verweisen hierbei vornehmlich auf empirisch beobachtbare Diskurse, Materialitäten, Körperlichkeiten und Affekte, die schweigsame, bewegungs- oder geräuscharme Räume, Dinge und Subjekte konstruieren, hervorbringen oder reproduzieren.

Im Zentrum steht dabei der sich verändernde Intensivierungs- und Reduktionszusammenhang von Praktiken der Stille zwischen Moderne und Spätmoderne. Stille wird dabei weniger als Abwesenheit, sondern vielmehr als eine soziale Praxis im Kontext von Entnetzungen, Passivitäten und Intensitäten begriffen. Dabei werden drei empirische Fallbeispiele genauer untersucht: Achtsamkeitsmeditationen in Kursen der MBSR, monastische Praktiken eines neugegründeten Zisterzienserordens in Brandenburg und Stille in der letzten Lebensphase der Hospizbetreuung.

Diese praxistheoretische Beobachtung von Stille unterscheidet zwischen drei Analyseebenen: Erstens, silent preconditions (stille Voraussetzungen), die Stille als Ausgangspunkt auch nichtstiller Praktiken erzeugen: etwa die Ruhe, die vor dem Beginn eines Konzertes eintritt. Zweitens, silent doings (stille Praktiken), die still ausgeführt werden, Stille aber nicht als Zweck oder Ziel verfolgen, sondern als Nebeneffekt mit sich führen, wie z.B. im stillen Lesen. Sowie drittens, das doing silence (Praktiken der Stille). Letztere haben eine spezifische Stille zum Hauptzweck einer sozialen Praxis.