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Sommersemester 1999

 

Chołuj: Lebende Geschichte Polens

In der Vorlesung behandeln wir jene historischen Ereignisse, auf die man sich in der heutigen Zeit immer wieder gern beruft, sei es als Symbol, sei es als etwas, was nicht wiederholt werden darf, sei es als Anknüpfungspunkt für zu fällende Entscheidungen. Eine besondere Rolle werden daher solche Themen wie: der polnische Widerstand, die polnische Reformbewegung (u.a. 3. Mai-Verfassung von 1791), die Bedeutung der katholischen Kirche, die nationalen Minderheiten, die Auseinandersetzung mit dem Judentum, die sozialistische Bewegung seit Ende des vorigen Jahrhunderts etc. spielen.

 

Chołuj: Deutsche Motive in der polnischen Literatur und polnische Motive in der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts

An ausgewählten Texten des 20. Jahrhunderts wird die literarische Nachbarschaft von Polen und Deutschland bzw. BRD und DDR untersucht. Motive, ihre Zusammenstellung und Kontextualisierung sind nicht nur Ausdruck des Interesses der Schriftsteller am Nachbarland und seiner Kultur, sondern auch einer Auseinandersetzung mit der Geschichte und Tradition des eigenen Landes: Das Eigene soll durch das Fremde erkannt werden. Bei der Analyse der literarischen Texte werden wir den historischen und politischen Hintergrund ihrer Entstehung und Thematik erkunden, sowie uns für die Erzählweise und Gattungseigentümlichkeiten interessieren. Die Frage, die wir in erster Linie verfolgen werden, ist, wie sich der literarische Diskurs an der Geschichtsschreibung beteiligt und wie weit er sich von dem historischen und politischen unterscheidet.

 

Chołuj/Trebisz: Der Mythos von Mutter Polin

Die Bezeichnung "Mutter Polin" stammt von Adam Mickiewicz und wurde in der Zeit des Kampfes um Polens Unabhängigkeit formuliert. Im Laufe der Jahre hat sich die Situation der polnischen Frau geändert und die ursprünglich durchaus positive Bezeichnung ließ sich auch anders deuten. Dieser "Mutter Polin (schreibt Helga Hirsch) galt höchste Bewunderung und Verehrung. Manchmal zog sie, eine polnische Jean d'Arc, selbst in den Kampf [...], immer aber nutzte sie ihre mütterliche Fürsorge, ihre Aufopferungsbereitschaft und selbstlose Liebe, um in Abwesenheit des Mannes männliche Werte wie Ehre, Mut und Prinzipientreue hochzuhalten". "Mutter Polin" zu sein bedeutet also auch Gehorsamkeit und Unterordnung. Eine genauere Analyse der polnischen Literatur, besonders der von Frauen geschriebenen Texte, zeigt, daß dieser Mythos durchaus kritisch und polemisch betrachtet wurde. Ziel der Veranstaltung ist die Analyse ausgewählter Texte, die die Evolution des Mythos veranschaulichen. Im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit dem von der Romantik propagierten Ideal der Polin, das die Frau zwar verehrt, gleichzeitig aber auch einschränkt.