Banner Viadrina

Dr. Sophie Witt

»›Zustand des Affekts‹: Psycho-Somatisches Wissen im Spannungsfeld von Theater und
Medizin« (Arbeitstitel)

Das Forschungsprojekt fragt nach dem »Zustand des Affekts« (Schiller) im Überschneidungsbereich von Theater und Medizin. Affekte sind als Gemütserregungen, die mit bestimmten psychischen und physiologischen Veränderungen verknüpft sind, gleichermaßen ›geistig‹ und ›körperlich‹ und verhandeln daher systematisch und historisch, so die Ausgangshypothese, das Verhältnis von ›Leib‹ und ›Seele‹, von Somatischem und Psychischem. Dieses Verhältnis fällt zwar seit der Antike in den Gegenstandsbereich der Philosophie, erfährt aber eine neue Vehemenz und Positionierung durch den Diskurs der Psychosomatik. Das Forschungsprojekt geht davon aus, dass dieser zum einen älter ist als dessen Etablierung als Fachdisziplin der Medizin im 20. Jahrhundert, und zum anderen auch außerhalb des modernen Medizindiskurses – nämlich in spezifischer Weise im Überschneidungsbereich von Theater, Drama und Medizin – Verhandlung findet. Die auf das antike Theater zurückgehende Verbindung von Theater und Affekt ist somit nicht nur wirkungspsychologisch zu verstehen, sondern genuin psychosomatisch: Der Schauspielerkörper auf der Bühne verhandelt exemplarisch das Verhältnis von Soma und Psyche und das Theater und seine Rezeptionssituation stellen einen spezifischen Ort dar, das Verhältnis von Affekt und Wissen, Körper und Beobachtung zu reflektieren. Um dies zu untersuchen befragt das Projekt zum einen Theater- und Schauspieltheorien sowie Dramentexte hinsichtlich der ihnen impliziten Psychosomatik und hinsichtlich der damit einhergehenden Wissensbegriffe; zum anderen werden ausgewählte medizinisch-psychiatrische Modelle der Psychosomatik hinsichtlich der in ihnen implizierten Kategorien des Theaters befragt. Daraus ergibt sich eine doppelte Frageperspektive: nach den Diskursinhalten der Psychosomatik und nach der zugleich psychischen wie somatischen Dimension des Wissens.