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Professur für Vergleichende Kultur- und Sozialanthropologie

Das Lehr- und Forschungsgebiet ”Vergleichende Kultur- und Sozialanthropologie” befasst sich mit dynamischen kulturellen Deutungshorizonten und sozialen Prozessen in Gegenwartsgesellschaften, die wir nicht nur vergleichend, sondern auch in ihren transnationalen Dimensionen und historischen Verflechtungen in den Blick nehmen.

Das Lehrgebiet ”Vergleichende Kultur- und Sozialanthropologie” wird an anderen deutschen Universitäten in der Regel unter dem Namen ”Ethnologie” bzw. ”Völkerkunde” vertreten. Mit der Entscheidung für den Begriff der Anthropologie wird an der Europa-Universität Viadrina zum einen betont, dass das Fach über die Untersuchung von national oder ethnisch gedachten ‚Kulturen‘ hinausgeht und diese Tradition (kritisch) reflektiert und zu verändern sucht. Zum anderen ist damit ein Verständnis von Kultur(en) verbunden, dass diese weniger als starre, über lange Perioden andauernde ”Systeme” von Normen, Werten, Denkweisen etc. begreift, sondern als ”Diskursfelder“ konzipiert, in denen Normen, Werte und Interpretationen ausgehandelt werden, in denen Deutungen institutionalisiert, festgeschrieben und auch aufgebrochen werden. Angesichts der historischen Verwobenheit der Frühgeschichte der Disziplin(en) mit Europäischen Kolonialprojekten und deren bis heute reichenden Auswirkungen auf Westliche Wissensproduktion beziehen wir uns auf post- und dekoloniale Perspektiven, um diese Kontinuitäten kritisch aufzuarbeiten.

Dabei interessieren wir uns im Team des Lehrstuhls insbesondere für die kritische Analyse von Machtdynamiken, die mit der Durchsetzung bestimmter Deutungen als naturgegeben, gottgewollt, moralisch verbindlich oder alternativlos verbunden und an der Herstellung struktureller, institutioneller und lebensweltlicher sozialer Ungleichheiten beteiligt sind. Wir lehren und forschen zu Rassismus, Antisemitismus, Islamophobie, Klassenverhältnissen, Geschlechterordnungen und sexueller Vielfalt, und dazu, wie diese Strukturen und Ordnungen hergestellt, erlebt und in Frage gestellt werden. Wir begreifen diese verschiedenen Dimensionen sozial, politisch und kulturell wirksamer Ungleichheiten als komplex aufeinander bezogen und intersektional verwoben.

Ein weiterer zentraler Forschungsschwerpunkt im Team ist die Migrations- und Grenzforschung, die wir vor allem unter Bezug auf die EU und angrenzende Drittstaaten aber auch den postsowjetischen Raum betreiben. Wir beschäftigen uns in unterschiedlichen Forschungsprojekten unter anderem mit Fragen der Zuwanderung und Inklusion in multikulturellen Gesellschaften, mit der Transformation europäischer Grenzregime, mit kulturellem Wandel und politischen Konflikten in Grenzregionen, mit internationaler Ruhesitzmigration, mit Migration und Gesundheitspolitiken, mit der Dynamik von Exilkulturen und mit urbanen postmigrantischen Jugendkulturen.