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Ordnungen der Kindheit. Norm(alis)ierungen des Kindes in der Moderne

 

Christoph Burmeister
Seminar: BA, Kulturwissenschaften-/Kulturgeschichte-/Sozialwissenschaften-Vertiefung
6/8/9 ECTS
Mittwoch, 14.15 - 15.45 Uhr
Veranstaltungsbeginn: 15.04.2014

„Kindheit“ hat es nicht immer gegeben. Kinder wurden in der Vorstellung des sog. Mittelalters nicht nur von Gott gegeben (und ggf. von diesem auch wieder genommen), auch wurden sie nach einer kurzen „Hätschelperiode“ (Ariès) übergangslos zu den Erwachsenen gezählt. Dies änderte sich im Laufe der Frühen Neuzeit, wobei sich endgültig in der industrialisierten Moderne des (späten) 19. Jh. ein tiefgreifender Wandel vollzogen hat: Zum einen trat die Schule als Mittel der Erziehung an die Stelle früherer Lehrverhältnisse, zum anderen erfuhr die (bürgerliche) Familie eine weitreichende und ordnungsstiftende Aufwertung. Kindheit konstituierte sich schließlich als zentrales Erziehungsprojekt der Moderne – angetrieben von der Vorstellung, dass Kindheit und kindliche Entwicklung kontrollierbar und der zukünftige Mensch somit erschaffbar sei. In einem ersten Teil widmet sich das Seminar dieser historischen Entwicklung sowohl in sozial- und kulturgeschichtlicher als auch in genealogischer Perspektive, von den normalisierenden Diskursen der Pädagogik zur Erfindung des „widerspenstigen Kindes“ (Foucault). Den Sozialwissenschaften kommt in diesem modernen Erziehungsprojekt also eine ambivalente Stellung zu, erforschen sie doch die „optimale Sozialisation“ des „guten Kindes“ und wie diese gewährleistet werden kann und soll. So wendet sich der zweite Seminarteil der Neuen Kindheitssoziologie zu, welche sich als Opposition zu diesen Kinderwissenschaften versteht. Ins Zentrum rücken hier Fragen nach machtvollen generationalen Ordnungen sowie soziokulturellen Bedingungen der Strukturen von Kindheit und kindlicher Agency.

Literatur: P. Ariès: Geschichte der Kindheit, München: dtv 2007; M. Baader et al. (Hg.): Kindheiten in der Moderne. Eine Geschichte der Sorge, Frankfurt/M., New York: Campus 2014; H. Kelle/J. Mierendorff (Hg.): Normierung und Normalisierung der Kindheit, Weinheim, Basel: Beltz Juventa 2013; M. Honig (Hg.): Ordnungen der Kindheit. Problemstellungen und Perspektiven der Kindheitsforschung, Weinheim, München: Juventa 2009; M. H. Nadesan: Governing Childhood into the 21st Century. Biopolitical Technologies of Childhood Management and Education, New York: Palgrave Macmillan 2010.

Teilnahmevoraussetzungen: Interesse, Neugier und Zweifel.

Leistungsnachweis: Sechs Exzerpte, Referat, drei Essays à fünf bis sieben Seiten oder eine Hausarbeit (ca. 15-20 Seiten).