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Soziologie des Sozial-Staats. Von der »sozialen Frage« des 19. zur Neosozialität des 21. Jahrhunderts

Seminar: BA, Kulturwissenschaften-/Kulturgeschichte-/Sozialwissenschaften-Vertiefung
6/9 ECTS-Punkte
Montag, 16.15 - 17.45 Uhr
Veranstaltungsbeginn: 09.04.2018

Der moderne Sozialstaat ist ein enorm vielfältiges »Gesellschaftsgestaltungsgeschehen« (Lessenich), das sich keinesfalls erschöpft in institutionellen Arrangements zur Sicherung der sozialen Bedarfe schutzbedürftiger Personen und Personengruppen in kapitalistischen Marktgesellschaften. Vielmehr ist der Sozialstaat in erster Linie ein politischer Vergesellschaftungsmodus, der Strukturmuster sozioökonomischer, generationaler und geschlechtlicher Ungleichheit genauso prägt wie Prozessmuster alltäglicher Lebensführung. Das Seminar nähert sich diesem komplexen, gesellschaftlich strukturierten wie Gesellschaft strukturierenden Geschehen »Sozialstaat« aus sozialgeschichtlicher, genealogischer und kritisch-soziologischer Perspektive. Dazu werden wir uns zunächst der Frage zuwenden, was »der Staat« eigentlich ist, und materialistische und poststrukturalistische Positionen dazu kennenlernen. Sodann werden wir die Erfindung des Marktes und die Entdeckung der Gesellschaft im 19. Jahrhundert sozialgeschichtlich nachvollziehen sowie die Erfindung dieses »besonderen Sektors« (Deleuze), der schließlich eine Realität sui generis bilden wird: das Soziale. Dessen Genealogie widmet sich das Seminar von der „sozialen Frage“ des 19. zur Neosozialität des 21. Jahrhunderts, vom aktiven zum aktivierenden Staat. Neben klassischen soziologischen Positionen zum Zusammenhang und -wirken von Sozialstaat bzw. Wohlfahrtsstaat und Kapitalismus werden wir uns vor allem mit der Geschlechterordnung und der Verwissenschaftlichung des Sozialen auseinandersetzen sowie abschließend mit Möglichkeiten der Kritik.

Literatur: Stephan Lessenich: Theorien des Sozialstaats zur Einführung, Hamburg: Junius 2012. Ein Reader mit allen Texten steht zu Seminarbeginn beim KopierFritzen in FfO zur Verfügung.

Teilnahmevoraussetzungen: Bereitschaft zur Lektüre langer Texte, Neugier an der Welt und Zweifel am Bestehenden.

Leistungsnachweis: Regelmäßige Teilnahme, Exzerpte/Reading Responses, ein Exposé und ein Essay oder eine Hausarbeit.