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"ÜberMorgen." Soziologische Perspektiven auf Zukunft und Gesellschaft

Dr. Hannes Krämer
Seminar: MA, MASS Zentralmodul // WM Kulturelle Praktiken, Wissensordnungen, ästhetische Formationen
Dienstag, 16.15 - 17.45 Uhr, Ort: AM 202
3/6/9 ECTS
Veranstaltungsbeginn: 14.10.2014

Die Zukunft ist ein fundamentaler "Beobachtungsmodus" von Gesellschaft. Zum einen ist Zukunft eine zentrale Referenz sozialer Selbstverortung: Personen, Gruppen, Organisationen, Gesellschaften positionieren sich selbst gegenüber dem Kommenden (und damit auch gegenüber dem Vergangenen). Sie beschreiben sich etwa als Post-Moderne, als zukunftsträchtige Organisation, als Avantgarden oder als Visionäre. Zum anderen sind diese Selbst- und Fremdzuschreibungen kontingente Zuordnungen und als solche Ausdruck sozial bedingter Möglichkeitshorizonte: Dass etwa Zeit in der Dreiteilung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gedacht wird, ist Resultat der Ausbildung eines epochengeschichtlichen, nämlich modernen, Zeitverständnisses. "Morgen" wird damit nicht zu einer rein ontologischen, sondern vor allem zu einer sozialen Kategorie, die maßgeblichen Aufschluss über das Selbstverständnis einer Gesellschaft gibt.Im Seminar wird es darum gehen, zu analysieren, wie Gesellschaften sich selbst gegenüber einem solchen Zeithorizont des Kommenden positionieren. Anhand der praktischen und theoretischen Vergegenwärtigung des "Morgen" als etwa "Erlösung", "Risiko", "Katastrophe" sollen verschiedene Konzeptionen von Zukunft in der Gegenwartsgesellschaft rekonstruiert werden. Dazu werden zunächst theoretische Texte zu Zukunftskonzepten gelesen, anschließend zentrale Zukunftspraktiken diskutiert und schließlich selbst eigene Fallbeispiele erarbeitet. Ziel des Seminars ist es nicht eine hegemoniale, singuläre Zukunftsdeutung zu identifizieren, sondern die Pluralität zeitgenössischer Zukünfte zu rekonstruieren.

Literatur: Koselleck, Reinhart (1989): Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt/M.: Suhrkamp. Luhmann, Niklas (1976): The Future Cannot Begin: Temporal Structures in Modern Society. In: Social Research 43(1): 130 – 153. Uerz, Gereon (2006): ÜberMorgen. Zukunftsvorstellungen als Elemente der gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit. München: Fink.

Teilnahmevoraussetzungen: Die Teilnahme am Seminar verlangt eine große Neugier und Bereitschaft in der Auseinandersetzung mit dem Thema sowie zur eigenen empirischen Analyse. Grundlagenkenntnisse in der qualitativen Sozialforschung werden vorausgesetzt.

Leistungsnachweis: Aktive Mitarbeit, die selbständige Erarbeitung von Fallbeispielen sowie das Verfassen einer schriftlichen Forschungsarbeit.