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Dissertation Piet Felber, M.A., Berlin


Stadtwahrnehmung als sinnlich-sozialer Prozess

Der Rezeption einer Stadt, so die Annahme des Dissertationsprojekts, wohnt ein großes Irritationspotential inne. Sozial beziehungsweise medial vermittelte Bilder als ein Aspekt ihrer Wahrnehmung formen die Vorstellung einer Stadt, die die direkte Konfrontation und die unmittelbaren, sinnlichen Wahrnehmungsprozesse determiniert, auch ablenkt. Die Arbeit fragt nach den Mechanismen subjektiver Wahrnehmung von Städten.
Stadtschrumpfung oder die Kulturalisierung von Städten als Kreative Städte sind deutungsmächtige Konzepte sowohl in der Stadtsoziologie als auch in der medialen Auseinandersetzung – man denke an klischierte Vorstellungen von verfallenden industriellen Zentren wie Detroit oder von als „Creative City“ reanimierten urbanen Gebieten wie Manchester oder Barcelona. Die qualitative Untersuchung, mit den methodischen Säulen der teilnehmenden Beobachtung sowie narrativ ausgerichteten Interviews, wird anhand Leipzigs durchgeführt: Leipzig wurde vielfach als „Schrumpfende Stadt“ thematisiert, der jüngste Diskurs verstärkt nochmals die Konstruktion Leipzigs als atmosphäredurchdrungene, Freiheit bietende Stadt, die den Raumansprüchen von Künstlern und Kreativen in besonderem Maße genügt. Die Vorstellungsbilder, die sich im Zuge des Strukturbruchs – dem die Stadt in den zurückliegenden Jahrzehnten ausgesetzt war – etabliert haben, sind dabei so zahlreich und vielfältig wie die Extreme im Stadtbild, die durch ihre diskursive Determinierung in ein verändertes Licht gerückt werden. Der sinnlichen Komponente urbaner Umgebungen kommt im Schlaglicht umfassender gesellschaftlicher Ästhetisierung wachsende Bedeutung zu; in der Auseinandersetzung mit Städten bleibt sie zugunsten der diskursiven Ebene bisher jedoch weitestgehend unterbelichtet. In diesem Sinne fragt die Arbeit auch nach den Praktiken der Aneignung städtischer Umgebungen als subjektives Ästhetisierungs-Moment im Zeitalter eines weitgehend durchgesetzten Kreativitäts-Imperativs.