Dialogformate jenseits der Naivität – Center for Peace Mediation gestaltet internationales Netzwerktreffen mit dem Auswärtigen Amt

Welche Rolle können Dialog und Vermittlung angesichts des Krieges Russlands in der Ukraine spielen, der das fragile sicherheitspolitische Gleichgewicht in Europa und der Welt erschüttert? Das Center for Peace Mediation der Viadrina führte Ende Oktober 2023 gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt ein einwöchiges Netzwerkkonsolidierungsprogramm für Diplomatinnen und Diplomaten durch, das dieser Frage nachging.

Im geschützten Raum wurden die Grundlagen und Vorbereitungen für den Dialog mit und zwischen Deutschlands östlichen Nachbarn und Partnerländern diskutiert. Noch nie sei die Arbeit mit den Diplomatinnen und Diplomaten derart nah an der Realität gewesen, sagt Dr. Anne Holper, Co-Direktorin des Center for Peace Mediation der Viadrina, die das Programm seit mehreren Jahren gemeinsam mit Prof. Dr. Lars Kirchhoff und Anna Dick konzipiert und moderiert. „Die Suche nach stimmigen Foren und Dialogansätzen, aber auch das Einhalten strikter Grenzen der Kooperation, ist eine weltweit aktuelle politische und konzeptionelle Herausforderung“, so Anne Holper weiter. Entsprechend groß war das Interesse an dem Programm. Knapp 20 Teilnehmende, unter anderem aus der Ukraine, Polen, Tunesien, Palästina, Costa Rica, Uganda, Afghanistan, Nigeria, der Demokratischen Republik Kongo, Liberia, dem Südsudan, Slowenien, Aserbaidschan, Kasachstan, der Türkei und den USA, nahmen an der fünftägigen Veranstaltung teil.

Als international erfahrene Diplomatinnen und Diplomaten, sowie Vertreterinnen und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen, Stiftungen, Universitäten, Think Tanks und Medien, haben einige der Teilnehmenden einflussreiche, den Diskurs aktiv mitprägende Positionen inne. Die offiziellen Positionen standen im Programm selbst jedoch nicht im Vordergrund, betont Lars Kirchhoff: „Ziel solcher Maßnahmen ist es, einen Raum zu schaffen, in dem die Teilnehmenden den Perspektiven der anderen wirklich zuhören, lösungsorientiert mit Differenzen umgehen und gemeinsam Ansätze kreieren. All das kann in der aktuellen geopolitischen Konstellation eine ziemliche Herausforderung sein. Die Teilnehmenden hören Überzeugungen oder Forderungen – nicht zuletzt mit Blick auf die Stimmen aus dem Globalen Süden –, die sie schlicht nicht erwarten, weil im diplomatischen Austausch kaum Räume für radikale Ehrlichkeit existieren.“

Ein kompletter Tag war – unter anderem unter Mitwirkung von Frankfurts Oberbürgermeister René Wilke und dem Leiter der Politischen Abteilung der Botschaft Polens, Jarosław Bajaczyk, – der Analyse der Dialogperspektiven von Polen und Deutschland nach der Wahl gewidmet. Die Sphären lokalen und regionalen Dialogs wurden dabei ebenso durchleuchtet wie binationale Formate und die spezielle Rolle Polens in der Reaktion auf Russlands Krieg in der Ukraine. Am Tag darauf hat die ukrainische Gastwissenschaftlerin der Viadrina und langjährige Kooperationspartnerin des Instituts für Konfliktmanagement, Dr. Tetiana Kyselova, mit den Teilnehmenden an den diversen Dialog-Ebenen der Ukraine gearbeitet, die sich auf innerukrainische Differenzen ebenso beziehen wie auf den Umgang mit Russland. Gegen Ende der Woche wurde das ungenutzte Potenzial Deutschlands zur Neugestaltung von Rollen und Beziehungen diskutiert, sowie kleine, aber visionäre Szenarien für die dringend benötigte neue europäische Sicherheitsarchitektur.

Die Teilnehmenden werden – unter Wahrung der vereinbarten Verschwiegenheit über die Identität der anderen – differenzierte Ergebnisse, Optionen und neue Fragen in ihre jeweiligen Ministerien, Organisationen und Länder zurückbringen. „Im Zentrum unserer Arbeit steht konsequent der Ansatz, dass ein primär methodischer Zugang auch und gerade mitten im Krieg als Inspiration für stimmige Dialogformate jenseits jeder Naivität dienen kann. Manchmal geht es dabei tatsächlich um Frieden, manchmal um rein funktionale Kooperation, manchmal um die Chance auf perspektivische Koexistenz“, fassen Holper und Kirchhoff ihre Motive für die Durchführung der Tage zusammen.   

Text: Anna Dick und Lars Kirchhoff
Fotos: Lars Kirchhoff und Anne Holper

Kontakt

Abteilung für
Hochschulkommunikation
Tel +49 335 5534 4515
presse@europa-uni.de

Sitz:
Hauptgebäude
Räume 114-117, 102

Postanschrift:
Große Scharrnstraße 59
15230 Frankfurt (Oder)