Sascha Münnich diskutiert am Deutschen Theater Göttingen über Antisemitismus

„Nirgends keine Antisemiten“ war ein Gesprächsabend am 27. Februar 2024 im Deutschen Theater in Göttingen überschrieben, bei dem der Viadrina-Soziologe Prof. Dr. Sascha Münnich mit dem jüdischen Schriftsteller Alexander Estis auf der Bühne stand. Entgegen eigener Befürchtungen kippte die Hitzigkeit der Diskussion nicht in ein Aneinander-Vorbei-Reden um, berichtete Münnich im Anschluss.

Denkgebot statt Redeverbot, so hatte es Sascha Münnich in einem ankündigenden Artikel im Göttinger Tageblatt für den Diskussionsabend gefordert. Vor dem Hintergrund der Terroranschläge der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem anschließenden Krieg Israels gegen die Hamas in Gaza sei der Diskurs über Antisemitismus auch in Deutschland von Empörung geprägt; wissenschaftlich fundierte Analysen blieben oftmals auf der Strecke, so Münnichs Einschätzung. Genau hier sah er seine Rolle bei dem Gesprächsabend: „Die Stärke von Sozialwissenschaften liegt in der Einordnung, Differenzierung und Betrachtung aktueller gesellschaftlicher Debatten, mit einem besonderen Augenmerk auf der Kritik oder sogar Zerstörung der dabei regelmäßig zu beobachtenden ,Mythen‘ über die Dimensionen und Ursachen eines sozialen Phänomens.“

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Sascha Münnich kennt die Bühne des Göttinger Theaters sowohl als Soziologe durch die Teilnahme an Panels, als auch als Schauspieler. Die jetzige Veranstaltung war für ihn daher ein „tolles Cross-Over von Sozialwissenschaft und Bühnenkultur“. Auch sein Gesprächspartner Alexander Estis verbindet mehrere Welten, ist der preisgekrönte Schriftsteller und Essayist doch auch Sprachwissenschaftler.

Der Abend sei ein Versuch gewesen, nicht kühl distanziert, aber doch unaufgeregt eines der gesellschaftlichen Kernprobleme in den Blick zu nehmen: den Antisemitismus. Dabei war Münnich wichtig, Antisemitismus als Thema der deutschen Gesellschaft einzuordnen. „Antisemitismus ist weit verbreitet in der deutschen Bevölkerung, es ist weder ein reines Problem arabischer oder gar muslimischer Migrant*innen noch ein Problem der internationalen Linken, sondern zuallererst ein Problem mitten in der deutschen Gesellschaft“, so seine Überzeugung. An dem Theaterabend ging es um die historischen Linien und sozialpsychologischen Hintergründe des Antisemitismus, um die Ambivalenz von Begriffen aus der post-kolonialen Debatte vor dem Hintergrund der NS-Zeit in Deutschland und auch um das Verhältnis von Kunst und Politik und die Debatten um die sogenannte „Cancel Culture“. Das Publikum mischte sich ein – mitunter auch hitzig –, ließ aber Differenzierungen und Ambivalenzen zu. Münnichs Fazit: „Es gab letztlich weder Parolen noch einfache klare Antworten, das muss man aushalten angesichts einer Situation, die quasi zur Selbstpositionierung  zwingt.“

Text: Frauke Adesiyan

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