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Das Unlesbare lesen lernen

Das Unlesbare lesen lernen – deutsche Schreibschrift für polnische Archivnutzer

Wer sich in seiner wissenschaftlichen, beruflichen oder hobbymäßigen Arbeit mit deutschsprachigen Manuskripten aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert beschäftigt, wird mit verschiedenen Versionen der deutschen Schreibschrift konfrontiert. Leider ist die Fähigkeit, alte deutsche Schreibschrift zu lesen, selbst bei deutschen Muttersprachlern fast vollständig verschwunden. Nur gelernte Archivare, einige Historiker und einige wenige Hobbyisten können sich dieser Fertigkeit rühmen. Inzwischen befinden sich viele deutschsprachige Handschriften in polnischen Archiven, Bibliotheken, Museen und Privatsammlungen. Dies gilt insbesondere für all jene Gebiete, die einst unter preußischer oder österreichischer Herrschaft standen. Die Unfähigkeit, die alte deutsche Schreibschrift zu lesen, ist für viele Historiker (aber auch für Kunsthistoriker, Restauratoren, Studenten verschiedener Fachrichtungen und Genealogen) ein großes Hindernis für die eigenständige Forschung. Aus diesen Beobachtungen entstand die Idee zum Projekt Das Unlesbare lesen lernen, dessen Ziel es ist, polnischen Archivbenutzern die vergessene Fähigkeit des Lesens alter deutscher Manuskripte wiederzugeben. Das ist eine Fähigkeit, die mit ein wenig Ausdauer auch diejenigen erwerben können, die kein Deutsch sprechen!

Das Unlesbare lesen lernen ©sek
Dawne pismo niemieckie. Podręcznik do nauki pisma neogotyckiego  / Originaltitel: Deutsche Schreibschrift. Lesen und Schreiben lernen / Autor: Harald Süß / Übersetzung: Joanna Drejer / Herausgeber: Stiftung Dobro Kultury, Słubice 2021 / ISBN 978-83-947075-4-5 / Hardcover / Format: 210 x 297 mm / Seitenanzahl: 84.

Im Rahmen des Projekts wurde ein Lehrbuch von Harald Süß mit dem Titel "Deutsche Schreibschrift. Lesen und Schreiben lernen" ins Polnische übersetzt. Es enthält eine Menge wertvoller theoretischer Informationen und stellt die Geschichte der alten deutschen Schreibschrift sowie deren verschiedene Formen vor. Dann führt der Autor den Leser anhand selbst ausgewählter Beispiele in die Regeln ein, die mit dem Lesen der deutschen Schreibschrift verbunden sind.  Der letzte Teil des Buches beschäftigt sich mit dem Erlernen des Schreibens in deutscher Schreibschrift. Der Autor präsentiert die grundlegenden Unterschiede zwischen den drei bekanntesten Schriften: Kurrentschrift, Sütterlinschrift und Offenbacher Schrift. Am Beispiel des Letzteren werden die Grundformen der Klein- und Großbuchstaben des Alphabets vorgestellt.

Kurrenta. Zeszyt ćwiczeń do nauki pisma neogotyckiego
/ Autorinnen: Joanna Drejer, Izabella Parowicz / Herausgeber: Stiftung Dobro Kultury, Słubice 2021 / ISBN 978-83-947075-3-8 / Softcover / Format: 210 x 297 mm / Seitenanzahl: 144.

Das Übungsheft von Joanna Drejer und Izabella Parowicz, das als Ergänzung zum oben genannten Lehrbuch geschrieben wurde, ist als praktische autodidaktische Hilfe für Menschen gedacht, die das Lesen der deutschen Schreibschrift beherrschen wollen. Natürlich erleichtern Deutschkenntnisse diese Aufgabe bis zu einem gewissen Grad, denn wer zumindest einen Teil der Wörter lesen und verstehen kann, dem fällt es leichter, die restlichen Wörter aus dem Kontext zu entziffern. Beim Lesen der Buchstaben der alten deutschen Schreibschrift spielt jedoch die Fähigkeit, in dieser Schrift zu schreiben, eine große Rolle. Diese Fähigkeit kann auch von Menschen beherrscht werden, die kein Deutsch sprechen. Deshalb wird jeder Buchstabe einzeln vorgestellt, wobei der Schwerpunkt auf Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den einzelnen Zeichen liegt. Die Lernenden haben die Möglichkeit, jeden neu erlernten Buchstaben zu üben (einzeln und in einem größeren Zusammenhang ganzer Wörter).

Erst wenn man das Schreiben beherrscht, sollte man anfangen, das Lesen der alten deutschen Schrift zu üben. Zu diesem Zweck präsentiert dieses Übungsheft 25 Fragmente von Manuskripten, die über einen Zeitraum von hundert Jahren (1835-1934) geschrieben wurden und im Staatsarchiv in Poznań aufbewahrt werden. Diejenigen, die es versuchen, diese Manuskripte zu lesen, können ihre Ergebnisse mit dem Schlüssel am Ende des Übungsheftes vergleichen.

Das Heft widmet sich dem schwierigsten Schriftschnitt der deutschen Schreibschrift, und zwar der Kurrentschrift. Die Wahl dieser Schriftart war nicht zufällig - es war diejenige, die im 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Büros, in der Korrespondenz und im allgemeinen Umlauf üblich war; die meisten Manuskripte, mit denen sich polnische Forscher befassen, wurden in dieser Schrift geschrieben.

Projektwebsite: https://dawnepismo.com/

Projektleiterin: PD Dr. Izabella Parowicz

Wissenschaftliche Mitarbeit: Dr. Joanna Drejer

Kooperationspartner:

Der Lehrstuhl für Denkmalkunde an der Europa-Universität Viadrina war für die Durchführung der ersten Phase des Projekts verantwortlich. Dazu gehörte die Übersetzung des Handbuchs von Harald Süß ins Polnische und die Entwicklung eines Übungsheftes für polnische Archivnutzer.

Das Institut für Angewandte Geschichte in Frankfurt (Oder) war für die zweite Phase des Projekts verantwortlich, die sowohl die Vorbereitung der Publikationen für die Veröffentlichung als auch die Beschaffung von Mitteln für diesen Zweck umfasste.

Das Staatsarchiv in Poznań hat aus seinen Beständen Scans von Archivmaterialien zur Verfügung gestellt, die im Übungsheft verwendet wurden. Beata Karwalska und Stefan Olejniczak, Mitarbeiter des Archivs, haben auch ausgewählte Fragmente von Archivmaterialien transkribiert, die Gegenstand der vorgeschlagenen Übungen sind.

Die Stiftung Dobro Kultury ist der Herausgeberin der beiden Lehrmaterialien der deutschen Schreibschrift.

Die schöne grafische Gestaltung der beiden Bücher ist der Firma Piktogram Polska zu verdanken.

Die Verfasserin der Kalligrafie im Heft und auf den Umschlägen der beiden Bücher ist Ewa Landowska.

Förderer:

Das Projekt wurde aus Mitteln der SANDDORF-Stiftung in Regensburg und aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien kofinanziert.

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