Michael Hagemeister
8 ECTS
Seminar: BA, Kulturgeschichte-Vertiefung
Dienstag, 16.15 - 17.45 Uhr, Ort: AM 203, Veranstaltungsbeginn: 05.04.2011
„Schlachtfeld der Erinnerungen“ ist der Titel einer jüngst erschienenen Publikation zur kontroversen Aufarbeitung von Geschichte in Osteuropa. Bis heute werden erbitterte Kämpfe darüber ausgetragen, wie bestimmte historische Ereignisse zu bewerten sind. Während die osteuropäischen Staaten ihre Identität nicht zuletzt auf die Rolle eines doppelten Opfers von Nationalsozialismus und Stalinismus gründen, bleibt dem postsowjetischen Russland dieser Ausweg versperrt. Erinnerungspolitik bewegt sich hier zwischen „Aufarbeitung“ und „Bewältigung“ der Geschichte einerseits und der Konstruktion einer neuen Identität auf Grundlage einer vielfach glorifizierten Vergangenheit andererseits. Im Rahmen der Veranstaltung soll untersucht werden, wie die meinungsbildenden Kräfte Russlands (Politiker, Historiker, Medien) mit der sowjetischen Vergangenheit umgehen, welche Erinnerungsdiskurse vorherrschen und welche offiziellen Rituale des Gedenkens zu beobachten sind. Welche Ereignisse sind im Fokus der medialen Aufmerksamkeit, welche werden marginalisiert oder tabuisiert? Mit welchen Strategien und welchen Werten arbeiten die Konstrukteure der Vergangenheit und Zukunft? Schließlich wird auch zu fragen sein, wo und wie sich Erinnerung als Protestform artikuliert, indem sie das Recht auf Geschichte auch für diejenigen einklagt, die bisher von ihr ausgeschlossen waren. Zur theoretischen Fundierung werden zentrale kulturwissenschaftliche Texte zu Erinnerungsorten, zum Zusammenhang von kollektivem Gedächtnis und kultureller Identität sowie zur Unterscheidung eines „kalten“ und „heißen“ Gedächtnisses herangezogen.
Literatur: Thomas Flierl (Hg.): Osteuropa – Schlachtfeld der Erinnerungen, Berlin 2010; Manfred Sapper, Volker Weichsel (Hg.): Geschichtspolitik und Gegenerinnerung. Krieg, Gewalt und Trauma im Osten Europas, Berlin 2008 (= Osteuropa, Jg. 58, H. 6); Lars Karl, Igor Polianski (Hg.): Geschichtspolitik und Erinnerungskultur im neuen Russland, Göttingen 2009.
Leistungsnachweis: aktive Teilnahme und Hausarbeit