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Das russische Reich als Vielvölkerreich und Imperium, 18. Jahrhundert bis 1917

3/6/9 ECTS

Vorlesung: MA, MEK Mittel-und Osteuropa als kultureller Raum//KGMOE Grundlagenmodul
Donnerstag, 9.15 - 11.45 Uhr, Ort: GD 206, Veranstaltungsbeginn: 14.10.2010

Das Russische Reich zählte über 100 ethnische Gruppen, von Russen über Esten und Kalmücken bis zu Usbeken. Es wurde daher, besonders prominent von Andreas Kappeler, als „Vielvölkerreich“ bezeichnet. Gleichzeitig war es ein Imperium, das durchaus mit anderen zeitgenössischen Imperien wie dem British Empire vergleichbar ist. Die Vorlesung geht von diesem doppelten Ansatz aus und betrachtet die Periode von der Herrschaftszeit Katharinas II. bis zum Zerfall des Zarenreiches 1917. Sie behandelt zum einen die Expansion des Reiches, die Religionen und Lebensweisen ausgewählter Völker und Stämme sowie die Politik des Zentrums diesen gegenüber. Neben das traditionelle Privilegiensystem traten zunehmend Aspekte einer modernen Staatsbürgerschaft.
Zum anderen wird das Russische Reich in der Rivalität mit anderen Großmächten und in seiner besonderen Stellung zwischen Europa und Asien vorgestellt. Das Personal des Imperiums, von der monarchischen Spitze bis zu den men on the spot, verwaltete ein Reich, das neben einer klassischen Kolonie (Turkestan in Zentralasien) auch Gebiete im Westen umfasste, deren Eliten von den Russen als kulturell ebenbürtig oder gar überlegen wahrgenommen wurden (etwa die Deutschbalten). Zu fragen ist, welche Herrschaftsformen sich angesichts dieser Spannungen ausbildeten und wie imperiale Ordnung hergestellt wurde. Die beginnende Industrialisierung und Modernisierung wirkten sich in vielfältiger Weise auf das Reich aus. Die Revolutionen von 1905 und 1917 waren keineswegs auf die russischen Zentren beschränkt, sondern hatten komplexe imperiale und nationale Dimensionen.

Literatur: Andreas Kappeler: Rußland als Vielvölkerreich. Entstehung – Geschichte – Zerfall, München 2008 (2. Aufl. der Neuausg., um ein Nachwort ergänzt).
- Jörn Leonhard/Ulrike von Hirschhausen: Empires und Nationalstaaten im 19. Jahrhundert, Göttingen 2009 (FRIAS Rote Reihe, Bd. 1).
- Jürgen Osterhammel: Imperien, in: Gunilla Budde/Sebastian Conrad/Oliver Janz (Hg.): Transnationale Geschichte. Themen, Tendenzen und Theorien, Göttingen 2006, S. 56-67.
Leistungsnachweis: mündliche Prüfung