Forschungskolloquium_WiSe_17_18
Forschungskolloquium: Diaspora, Exil, Migration – Methodische und theoretische Neuansätze IX
Das deutschsprachige Exil, dessen Erforschung mittlerweile auf eine langjährige Geschichte zurückblicken kann, gerät in den letzten Jahren vor allem aus einer interdisziplinären Perspektive (kultur-)wissenschaftlicher Theorien über Erinnerungskulturen, kulturelle Identitäten sowie Migrations- und Transferbeziehungen in regionalen, nationalen und transnationalen Räumen (Migrationsbewegungen eingeschlossen) erneut ins Blickfeld wissenschaftlichen Interesses. Aktuelle wissenschaftliche Beiträge formulieren neue Fragen an die Quellen, – im Kontext interkultureller oder interreligiöser Dialoge, der Darstellungen zu jüdischer Kultur und Geschichte, zur Genderforschung, oder zur Kultur, Geschichte, Kunst und Literatur der Nachkriegszeit. Das Kolloquium thematisiert diese unterschiedlichen Ansätze vor dem Hintergrund entstehender MA-Arbeiten und Dissertationen und diskutiert neuere Forschungsliteratur. Es präsentiert Vorträge und Diskussionen mit internationalen Gastwissenschaftlern.
Die Referentinnen und Referenten stellen dazu ggf. Textmaterial zur Verfügung, das der Einstimmung und Vorbereitung dient. Es kann im Moodleverzeichnis unter dieser Veranstaltung eingesehen werden. Möchten Sie sich für das Kolloquium anmelden, so erfragen Sie das Moodle-Kennwort bitte bei Kathrin Stopp (stopp@europa-uni.de).
24. Oktober 201716:15–17:45 UhrStephan-Saal,Postgebäude, EUV |
Prof. Dr. Irmela von der Lühe (Berlin)„‚Gedenken ist Vergessen‘ – Zur literarischen Erinnerungsarbeit bei Barbara Honigmann und Doron Rabinovici“
Vortrag und Diskussion |
21. November 201716:15–17:45 UhrStephan-Saal,Postgebäude, EUV |
Dr. Gabriella Pelloni (Verona)„Zafer Şenocaks Gefährliche Verwandtschaft. Eine biopolitische Betrachtung“
Vortrag und Diskussion |
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Die Frage nach Fremdheit, Zugehörigkeit und Identität durchzieht Zafer Şenocaks Roman Gefährliche Verwandtschaft (1998) allein aufgrund der vielen Teilidentitäten des Protagonisten, die er gleichsam neu organisieren muss. Ausgehend von Roberto Espositos biopolitischem Ansatz zum Verhältnis von Gemeinschaft und Immunität will der Vortrag den Roman im Hinblick auf thematisierte Schutz- und Abwehrmechanismen untersuchen, mit denen Identitätspolitiken gegenüber dem Anderen/Fremden gestützt werden. Am Modellfall des Romans wird eine biopolitische Bestimmung der Fremdheitserfahrung angestrebt, die auch nach deren biopoetischen Implikationen fragt. Nach diesem Ansatz wird Literatur, die sich der Vergegenwärtigung von Exils- und Migrationsphänomenen widmet, als Ausdruck ästhetisch-politischen Handelns gefasst, durch das auch Optionen der Grenzüberschreitung in Erscheinung treten können. |
12. Dezember 201716:15–17:45 UhrStephan-Saal,Postgebäude, EUV |
Dr. Alexandra Tacke (Frankfurt/Oder)„Symbol- und Kulturgeschichte der Mauer“Vortrag und Diskussion |
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In meinem Forschungsprojekt Symbol- und Kulturgeschichte der Mauer sollen literarische, filmische und künstlerische Projekte, die sich mit der Mauer als Kollektivsymbol auseinandersetzen, gleichermaßen untersucht werden. Dabei wird sich die Studie nicht nur auf die anwesend-abwesende Berliner Mauer und die unterschiedlichen Erinnerungspolitiken und -diskurse konzentrieren, sondern auch nach den heute sichtbaren bzw. unsichtbaren Mauern bzw. Grenzen in einer globalen Welt (Israel/Palästina, Mexiko/USA, Nord-/Süd-Korea, Afrika/Europa, Fire-Wall, Gated Communities etc.) fragen. So erinnern viele zeitgenössische Texte, Filme und Kunstprojekte nicht nur an die Zeit des Eisernen Vorhangs, sondern sind vielmehr als Denkanstöße zu verstehen, über die immer noch bestehenden Mauern (in den Köpfen und in der Welt) sowie über die Form und Funktion von Grenzen generell nachzudenken. |
19. Dezember 201716:15–17:45 UhrStephan-Saal,Postgebäude, EUV |
Prof. Dr. Reinhard Rürup (Berlin)„Jüdische Sozialgeschichte in Deutschland vor 1933. Die Ambivalenzen des Erfolges“Vortrag und Diskussion |
Die Geschichte der Juden in Deutschland in den fünf bis sechs Generationen zwischen dem Beginn des Emanzipationszeitalters und der Katastrophe unter dem NS-Regime war eine Geschichte des raschen wirtschaftlichen und sozialen Aufstiegs und der ganz und gar ungewöhnlichen Entfaltung intellektueller, künstlerischer und wissenschaftlicher Begabungen. Diese Geschichte wird in vier Schritten skizziert und diskutiert: 1. einer Fallstudie zu einer Berliner jüdischen Familie; 2. Statistischer Daten zum Sozialprofil der jüdischen Minderheit im Kaiserreich und im frühen 20. Jahrhundert; 3. der Frage nach den Ursachen des in den statistischen Daten und der Fallstudie sichtbaren Erfolges; 4. der Frage nach den Ambivalenzen und Grenzen dieses Erfolges. |
12. Januar 201816:15–17:45 UhrStephan-Saal,Postgebäude, EUV |
Prof. Dr. Michael Hofmann (Paderborn)„Aktuelle Perspektiven der Interkulturellen Literaturwissenschaft “
Vortrag und Diskussion |
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Mein Beitrag gibt einen Überblick über aktuelle Entwicklungen der Interkulturellen Literaturwissenschaft und zeigt, wie sich die Perspektiven auf Inter- und Transkulturalität verbinden mit Fragen von Gender, Religion, dem Gedächtnis des Kolonialismus und den aktuellen Fluchtbewegungen. Dabei steht im Zentrum die Frage, wie sich hybride Identitätskon- struktionen im Kontext erstarkender Optionen auf Homogenisierung behaupten. Ich thematisiere Texte von Emine Sevgi Özdamar, Navid Kermani, Iliya Trojanow, Sherko Fatah und Jenny Erpenbeck. |
16. Januar 201816:15–17:45 UhrStephan-Saal,Postgebäude, EUV |
Prof. Dr. Michael Nagel (Bremen)„Einige Anmerkungen zu Gestaltung, Erscheinungsbedingungen, Funktion und Rezeption der deutsch-jüdischen Presse im Nationalsozialismus“
Vortrag und Diskussion |
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Die Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 brachte nicht das Ende, sondern, zunächst einmal, einen Stimulus für die deutsch-jüdische Presse mit sich: An Umfang, Auflagen und Leserzahl nahm sie zu. Dies steht im Zusammenhang mit einem Bedeutungswandel: Wurde diese Presse bis 1933 von jüdischen Deutschen – ihrem hauptsächlichen Publikum – als Ergänzung der allgemeinen, also nichtjüdischen Presse, betrachtet, so war sie ihnen nun zu einem vorrangigen Medium der Information und Meinungsbildung geworden. Fragt man nach ihrem dokumentarischen Wert für gegenwärtige Untersuchungen zum deutschen Judentum im Nationalsozialismus, so ist hierbei ihre zunehmend restriktive Kontrolle durch die Machthaber in Rechnung zu stellen. Dass sich aus den betreffenden Periodika zwischen 1933 und 1938 gleichwohl mannigfaltige Aussagen zu den damaligen Lebensverhältnissen jüdischer Deutscher ergeben können, zeigt aktuell die 2015 von Yad Vashem, Jerusalem, begonnene Reihe „Jewish Press in Nazi Germany – Texts and Research.“ |
23. Januar 201816:15–17:45 UhrStephan-Saal,Postgebäude, EUV |
Prof. Dr. Hans Otto Horch (Aachen)„Das Identische im Nichtidentischen. Joseph Roth als deutsch-jüdischer Schriftsteller“Vortrag und Diskussion |
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Joseph Roth zählt zu den bedeutendsten Repräsentanten der deutsch-jüdischen Literatur des 20. Jahrhunderts: ein Schriftsteller, dessen Weltgeltung durch zahlreiche Übersetzungen sowie Verfilmungen seiner Erzählwerke belegt ist. In ihnen sind jüdische Aspekte verarbeitet wie bei kaum einem anderen zeitgenössischen Autor. Sie zeigen das Judentum als religiöse Tradition in säkularisierter Transformation und als Exil-Existenz einer Minderheit inmitten feindlicher Mehrheiten, deren Lebensform geprägt ist von latenter Gefährdung und Heimatverlust. Im Vortrag werden wesentliche Aspekte dieser Existenz mit Blick auf Leben und Werk behandelt |